Nach nur drei Stunden landen wir in Kathmandu, Nepals Hauptstadt, auf einem Flughafen der Grösse Bern-Belp. Visa gibts On-Arrival, egal welche Nationalität man hat: Reihe 1 für 15 Tage, Reihe 2 für 30 Tage, Reihe 3 für 90 Tage. Wir entscheiden uns für die Mitte.
Das Touristenzentrum mit vielen Unterkünften, Restaurants und Agenturen in Kathmandu heisst Thamel. Es ist ein buntes, hektisches Treiben und man muss ständig aufpassen, dass man nicht von einem Motorrad, Bus oder Taxi überfahren wird – und mittendrin immer ein paar heilige Kühe :-).


In diesen Tagen findet das Tihar-Festival statt und die Strassen sind doppelt bevölkert. Abends werden vor jeder Eingangstür (Kleiderladen, Arztpraxis, Reisebüro, Apotheke, Hotel etc.) Mandalas aus farbigem Pulver gelegt und viele Kerzen angezündet. Es sieht fast etwas weihnächtlich aus :-). Zudem ist es Tradition, dass Kinder und Teenager vor allen möglichen Geschäften Boxen aufstellen und tanzen (a la Bollywood!)!



Wir werden überhäuft von neuen Eindrücken dieser uns bisher fremden Kultur.
Sprachlich verständigen wir uns in Englisch und sind überrascht, dass in Kathmandu und weiteren Touristenorten praktisch jede Person gutes Englisch spricht, weiter auf dem Lande vorallem die Jungen. Vom Mandalapulververkäufer auf dem Markt bis zum Elektriker, der unser Zimmer ans Notstromaggregat anschliesst, alle sprechen sehr gutes Englisch.
Strom wird hier übrigens ausschliesslich durch Wasserkraft gewonnen. Es kommt allerdings fast täglich zu Engpässen, so dass, egal wo wir sind, abends zwischen 18 und 20 Uhr von den Aggregatoren Gebrauch gemacht wird, soferns hat.
Nepal ist eins der ärmsten Länder die wir besucht haben. Erst seit rund 45 Jahren hat Nepal eine Strasse nach Indien und Tibet (China). Für Touristen sind die meisten Sehenswürdigkeiten um Kathmandu wenn man die Landkarte betrachtet. Viele Teile Nepals (3.5x so gross wie die Schweiz) sind unerschlossen und nur schwer zugänglich. Die beste Strasse Nepals soll die Schnellstrasse Kathmandu-Pokhara sein, der „Highway“ sozusagen: 180km für die man rund 7 Stunden benötigt.


Pokhara ist das touristische Zentrum von dem aus man das Annapurna-Gebiet besucht und zu Trekks aufbricht. Aufgrund des kürzlich geschehenen Unfalls soll der Annapurna Circuit zur Zeit geschlossen sein. Wir entscheiden uns deshalb für den Mardi Himal Trek, eine noch eher neue Route für die uns deshalb auch ein Guide empfohlen wird. 7 Tage, 6 Nächte sind wir unterwegs bis auf fast 4000m Höhe. Leider spielt das Wetter überhaupt nicht mit (es wird von einem Monsoon-Ausläufer aus Pakistan und Indien gemunkelt). Wir stehen immer sehr früh auf um die vor uns liegende Strecke bis zum Mittag hinter uns zu bringen. Dann beginnt nämlich der Regen – oder je nach Höhe schliesslich auch Hagel und Schnee. Es ist also meistens kalt, ungemütlich und die Camps (aufgrund der vergleichsweise wenigen Touristen) sind so klein, dass in den zugigen Lehmhäuschen meist nicht genügend Platz ist und die Leute im Essraum (wo immerhin ein warmer Ofen steht – der mit nassem Holz allerdings auch nichts nützt) übernachten.
Alles in Allem ein Abenteuer bei dem wir jeden Morgen für kurze Zeit mit einer Wahnsinnsaussicht auf die Berge belohnt werden.





Die letzte Nacht verbringen wir im Homestay einer Familie in Lwang, wieder in der Zivilisation. Ebenfalls dort übernachtet ein ca. 70jähriger Japaner mit seinem Guide. Bereits zum 22igsten Mal in 40 Jahren ist er nun in Nepal und zum 12 Mal mit demselben Guide der quasi zu seinem Sohn geworden ist. Der Nepali-Guide (der perfekt japanisch spricht) hat ihn auch schon in Japan besucht und wenn man sie ansieht, könnten die beiden wirklich Vater und Sohn sein: die gleichen Bewegungen, gleiche Trainerhose, gleiche Uhr, gleiches Verhalten… :-).
Zurück in Pokhara verlängern wir unser Nepal-Visa um einen weiteren Monat (1 Monat reicht nicht :-)) und fahren anschliessend nach Sarangkot von wo aus wir eine super Aussicht auf das ganze Annapurnagebiet haben.


Für eine Nacht fahren wir nach Gorkha um den Königspalast hoch oben zu besichtigen. Vor ca. 10 Jahren wurde die ganze nepalesische Königsfamilie umgebracht. Die politische Lage in Nepal hat sich seither zwar beruhigt, gilt aber immernoch als instabil.
Mitten in der Nacht erwachen wir durch das laute Pfeifen eines digeridooähnlichen Instruments und das richtig richtig laute Singen von Mantras seines Besitzers (wahrscheinlich ist er ein Sadu, ähnlich wie ein Mönch). Dieser wiederholt das Ritual vor jeder Tür, wir vermuten, bis er Einlass und einen Schlafplatz erhält. Es klingt zwar wunderschön ist aber sooo laut und das Mantra jeweils sooo lang, dass wir finden es könnte nun schon mal jemand die Tür öffnen :-).
Unsere nächste Station heisst Bhaktapur. Dort befindet sich ein Stadtviertel das einem Museum gleicht. Man kann den ganzen Tag durch die Gässchen schlendern und fühlt sich wie im Mittelalter: An den Wasserstellen werden Krüge aufgefüllt, morgens wird das Korn zum Trocknen verteilt auf allen Plätzen und wieder versorgt sobald die Sonne weg ist, Kühe gehen durch die Gassen und ein paar Ziegen vertreiben sich die Zeit auf dem Hauptplatz. Besonders fällt ein alter Ziegenbock auf der immer erst auftaucht wenn die Sonne verschwunden ist und die auf den Mauern sitzenden Leute wegjagt. Die Leute lassen sich vertreiben, bringen dem Ziegenbock dann aber Nussschalen oder Blätter als Futter um ihn quasi freundlich zu stimmen – hier ist irgendwie einfach alles heilig :-). Dieses Beispiel zeigt sich übrigens in ganz Nepal (gegeben natürlich durch den buddhistischen Glauben): man sieht niemanden streiten oder laut werden, Tiere werden vorbildlich und mit Respekt behandelt und deshalb sieht man auch nirgends einen Hund leute anbellen oder knurren… Manchmal haben wir hier den Eindruck einer absolut friedlichen Welt.






Wir besuchen auch den nahe gelegenene Ort Nagarkot. Frühmorgens gehts zum Aussichtspunkt um ein super Panorama auf die Himalaya-Kette zu haben. Ganz klein soll man hier auch den Everest sehen. Gesehen haben wir ihn also sicher, nur einig sind sich die Leute nicht, die wir fragen, welches denn nun der berühmteste Berg der Welt ist :-).
Zurück in Kathmandu besorgen wir uns die Bewilligung für den Langtang-Trek (diesmal solls ohne Guide losgehen) im Touristencenter. Die Bewilligungskosten habens ganz schön in sich wenn man bedenkt, dass Nepal (nebst Venezuela) das wohl günstigste Land der Reise ist und wir oft mit weniger als 10 Franken pro Person pro Tag klarkommen.
Aber wir sind hier um die Berge zu sehen und so fahren wir am Folgetag früh mit dem Localbus los nach Syabrubesi. 120km, 9 Stunden Fahrt, 3.20 Franken und eine Strasse die der Deathroad in Bolivien in Nichts nachsteht, so tief gehts manchmal neben dem Bus steil abwärts. Nur aufgrund der vielen Militärkontrollen werden Einheimische die aufs Dach klettern (das war vor kurzer Zeit noch normal) immer wieder runtergeholt.
Wir übernachten in Syabrubesi (1500 m.ü.M.), lassen den Grossteil unseres Gepäcks im Guesthouse und ziehen am nächsten Tag mit ca. 10 Kilo am Rücken und einer Landkarte los in Richtung Langtang.

Während es bei Steck, Messner und Co. ums höher, weiter, schneller geht, haben wir hier gelernt, dass es Treks für jede körperliche Verfassung, jeden Gemütszustand und jedes Alter gibt. Man geht immer soweit wie man mag und Lust hat. Während es beim Mardi Himal-Trek wirklich nur drei Campstationen auf dem Weg nach oben gab, gibt es beim Langtang fast alle 30-60min wieder eine Übernachtungsmöglichkeit mit Restaurant. So geht man einfach solange die Beine mögen und gönnt sich immer mal wieder eine gemütliche Teepause an der Sonne.
So wird der Langtang zu einem der schönsten Treks für uns. Das Wetter ist hervorragend und die Kulisse bietet uns täglich Sicht auf neue Berge. Wir nehmens gemütlich, gehen täglich unsere 4-6 Stunden bis wir nach drei Nächten in Kianjin Gumpa (3800m) ankommen. Die Aussicht ist genial, auf jeder Seite des Dorfes blicken wir auf 5000er, 6000er oder 7000er. Gewaltig!
Es ist warm und wir können tagsüber im T-Shirt draussen an der Sonne sitzen. Ausserdem sind die Unterkünfte um einiges fortschrittlicher als beim Mardi Himal-Trek (natürlich aufgrund fleissiger Touristenbesuche) und man kriegt auch Warmwasserduschen, hat Solarstrom, abends wird der Ofen angefeuert und die Nächte sind mit Thermounterwäsche, Schlafsack und dicker Decke richtig angenehm.



In Kianjin Gumpa gibt es eine kleine Käserei bei der anscheinend Schweizer Käser ihr Knowhow gelassen haben. Wir probieren den frischen Yak-Käse und er schmeckt richtig gut!

Beim ersten Abendessen in unserer Unterkunft in Kianjin Gumpa lernen wir einen 76jährigen Japaner kennen, der grad einen 4900m hohen Berggipfel erklommen hat. Hut ab!
Wir bleiben drei Nächte oben und machen Tagesausflüge auf Gipfel oder im Tal.
Als wir von einem Ausflug zurückkehren, sitzt der Herr des Guesthouses vor dem Haus und hält einen Flyer der Kirche in der Hand. Er fragt uns ein bisschen über Religionen aus und meint es sei sehr interessant was auf dem Flyer stehe. Richtig rausrücken will er allerdings nicht was genau da steht, es wird den Leuten aber etwas versprochen (Geld? Land? Yaks?), soviel kriegen wir raus, wenn sie zum Christentum konvertieren. Der Mann ist verwirrt und meint: „Aber wir alle hier in den Bergen sind doch Buddhisten…“
Langsam kommt auch in Nepal die Winterzeit und in wenigen Wochen soll auch hier oben ein kleiner Haufen Schnee fallen. Deshalb packen die Männer (und teilweise auch Kinder) im Dorf morgens ihre Werkzeuge, Seile und einen Snack und ziehen los auf die andere Seite des Tals zum Holz holen. So bleibt noch genügend Zeit sich damit einzudecken und dieses trocknen zu lassen bevor der erste Schnee kommt.

Für uns gehts langsam an den Abstieg. Runter gehts immer etwas rassiger (aber auch in die Beine) und nach nur einer Übernachtung unterwegs sind wir wieder in Syabrubesi. Das war eine richtig richtig schöne Wanderung!

Mit dem Bus gehts zurück nach Kathmandu, dort ein kurzes Erholen und bereits gestern morgen haben wir den nächsten Bus genommen nach Sauraha, zum Tor des dschungeligen Chitwan-Nationalparks wo wir jetzt sind und hoffen möglichst viele Tiger und Nashörner zu sehen! 😉
Liebe Grüsse aus dem Süden Nepals!
Etienne und Andrea